Kritiken

Siegertypen ("National Anthems") von Dennis McIntyre

Badische Zeitung vom 19.03.2011

"Siegertypen": Bröckelnde Fassaden

Heidemarie Gohde hat Dennis McIntyres "Siegertypen" im Freiburger Wallgraben-Theater inszeniert. Das Stück überzeugt vor allem durch die Leistung des Schauspielertrios. Was wohl ist ein Siegertyp? Blöde Frage eigentlich, denn in Dennis McIntyres gleichnamigem Theaterstück liegt das glasklar auf der Hand: Ein Siegertyp ist einer wie Armani-Anzugträger Arthur Reed. Der verdient als Anwalt so viel Geld, dass er sich in einer angesagten Gegend ein tolles Haus leisten kann, das mit Möbeln aus Italien und einer Stereoanlage aus Dänemark eingerichtet ist, vor dessen Einfahrt ein Auto aus Deutschland steht.

Draußen vor der Tür von Wolfgang Borchert

Badische Zeitung vom 10.02.2011

Geballtes Leid und verzweifelte Wut haben sich in Wolfgang Borcherts Drama über den Kriegsheimkehrer Beckmann im Januar 1947 Bahn gebrochen. Innerhalb weniger Tage schrieb der Hamburger "Draußen vor der Tür", das zuerst als Hörspiel sein Publikum fand. Schon die Uraufführung als Theaterstück hat Borchert, der krank aus dem Krieg kam, nicht mehr erlebt. Seine Figur Beckmann ist so vom Grauen des Zweiten Weltkriegs geprägt, dass das Stück zwar als kollektiv erlebte Schicksalsschilderung in den ersten Nachkriegsjahren Erfolge feierte, später, als das "Wirtschaftswunder" die Beschäftigung mit dem Krieg verdrängte, jedoch in der Versenkung verschwand.

Love Letters von Albert Ramsdell Gurney

Badische Zeitung vom 11.01.2011

Sie ist aus reichem Haus, er aus gutem Haus. Er liebt es, Briefe zu schreiben, sie nicht. Er trifft seine auch im Rückblick meist korrekten Entscheidungen nach reiflicher Überlegung, sie ist spontan und chaotisch. Er fällt die Karriereleiter hinauf, sie stolpert von einem Loch ins nächste. Zwei Menschen, nicht gerade füreinander geschaffen, möchte man glauben.

Revanche von Anthony Shaffer

Badische Zeitung vom 20.12.2010

Männer sind Spieler. Sie lieben die Herausforderung, das Risiko und den Wettkampf. Sie lieben es, Schicksal zu spielen und der Wirklichkeit die Möglichkeit entgegenzusetzen. Sie lieben es, den Gegner zu demütigen. Spiel ist die intellektuelle Variante des Kampfes. Je höher der Einsatz, desto größer der Genuss: In Anthony Shaffers Kriminalstück "Revanche" ist die Siegprämie eine Ehefrau, die zugleich Geliebte ist. Mag sein, dass der 1926 geborene und 2001 gestorbene Drehbuchschreiber und Autor, der Zwillingsbruder des ungleich erfolgreicheren Dramatikers Peter Shaffer, mit dieser Konstellation nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist.

Unwiderstehlich von Fabrice Roger-Lacan

Badische Zeitung vom 16.11.2010

Verstehen und Missverstehen

Zugegeben, die Texte der deutschen Rockband Rammstein sind mir nicht vertraut. Deswegen habe ich auch "Du – Du hasst – Du hasst mich" verstanden, als die Stimme von Leadsänger Till Lindemann aggressiv den Zuschauerraum des Freiburger Wallgraben Theaters bebrüllt. Wie sich später herausstellt, geht es aber gar nicht um Hass. Die Zeilen heißen: "Du – Du hast – Du hast mich – Du hast mich gefragt – Du hast mich gefragt, und ich hab nichts gesagt." Ein Missverständnis – aber ganz sicher eines, mit dem sowohl die Berliner Hardrocker wie auch Regisseurin Heidemarie Gohde in dem grandios vielschichtigen Kammerspiel "Unwiderstehlich" des Franzosen Fabrice Roger-Lacan bewusst spielen.

Zum Seitenanfang

Wallgraben Theater
Das kleine Schauspielhaus in Freiburg

Wallgraben Theater
Rathausgasse 5a
79098 Freiburg

Gefördert durch